Hartzer Roller e.V. - Hintergrundinformationen



Grundlagen systemischer Organisationsberatung

Der Wechsel vom mechanistischen zum systemischen Modell

Die Sozialforschung nimmt an, dass Menschen zur Erklärung bestimmter Situationen und Verhaltensweisen ihrem Denken ganz bestimmte Modelle zugrunde legen. Diese Modelle leiten wiederum dazu an, dementsprechende Lösungen für Probleme zu suchen.

Den klassischen Organisationsentwicklungskonzepten liegt das mechanistische Weltbild zugrunde, das vor allem von Descartes, Newton und Leplace geprägt wurde. Es geht davon aus, dass das Universum ein mechanistisches System mit formaler, rationaler Logik, linearer Kausalität, Berechenbarkeit und Prognostizierbarkeit ist. Auf die Gesellschaft übertragen bedeutete dies, dass man den menschlichen Körper als eine Art Maschine betrachtet, das Leben in der Gesellschaft als ständigen Konkurrenzkampf sieht und vom unbegrenzten materiellen Fortschritt durch wirtschaftliches und technisches Wachstum überzeugt ist.

Der Beratungsansatz, der sich hieraus ableitet, sieht das Unternehmen oder die Organisation als ein durch die Umwelt fremdbestimmtes System. Die interne Funktionsweise wird mit einer komplizierten Maschine gleichgesetzt, die technisch-rationalen Prinzipien unterliegt. In diesem Sinne hat Beratung immer nur die Aufgabe einer internen Optimierung, z. B. von Gewinnmaximierung, Operations Research oder Investitionsrechnung (Mingers, 1996: 19-22)

Am Anfang des 20. Jahrhunderts begannen Wissenschaftler wie Poincaré, Heisenberg und andere dieses mechanistische Weltbild in Frage zu stellen. Ausschlaggebend hierfür waren die Erkenntnisse, dass sich die Zukunft nur teilweise berechnen lässt und dem zufolge auch nur begrenzt prognostizierbar ist, sowie die Einsicht, dass es keine objektive Wahrnehmung gibt. Dieses neue systemische Paradigma betrachtet die Realität nicht als richtig oder falsch, sondern als etwas "von verschiedenen Perspektiven in Schleifen Auszuhandelndes" (Heitgeber, Weber, 1992: 233 in Mingers, 1996: 22).

Der systemische Beratungsansatz entstand zu Beginn der 80er Jahre, als sich die klassische Organisationsentwicklung in einer Krise befand. Folgende Forschungsrichtungen können als Grundlage des systemischen Beratungsansatzes angesehen werden:

Die systemtheoretische Biologie (Maturan, 1982; Varela, 1987)
Die neuere Systemtheorie (Luhmann, 1988; Wilke; 1987)
Die Kybernetik zweiter Ordnung (Forster, 1981 und 1984)
Die Chaostheorie (Cramer, 1989; Küppers, 1987)
Die systemische Familientherapie (Simon/Stierlin, 1922, Selvini Palazzoli, 1993)

Im Gegensatz zur mechanistischen Betrachtung geht der systemische Beratungsansatz davon aus, dass soziale Systeme (u. a. Unternehmen und Organisationen) selbstbestimmend sind und man sie von außen nur mittelbar vorherberechnen und dirigieren kann. (Mingers, 1996: 27)

Systemische Beratung zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass die Prinzipien lebender Systeme für die Wahrnehmung und die Veränderung in Organisationen zu Grunde gelegt werden. Bertalanffy führt z. B. die Zelle als Standardbeispiel für ein System auf (Bertalanffy, 1972: 128)

Biologische Systeme sind durch Evolution gekennzeichnet. Sie können sich entsprechend ihren Umweltbedingungen weiterentwickeln. Biologische Systeme entstehen aufgrund einer Ursache. Sie entstehen aus vorangegangenen Systemen, die ihre Informationen an das neue System weitergeben. Sie verändern sich stetig, indem sie sich ständig den wechselnden Umweltbedingungen anpassen. In diesem Zusammenhang spricht Capra von drei Arten der Anpassung: von der kurzfristigen, der längerfristigen und von der Anpassung mittels Selektion im Prozess der Evolution (Capra, 1985: 302 ff.).

Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die Annahme, dass die Wirklichkeit nicht einfach abgebildet wird. Sowohl Personen als auch soziale Systeme machen sich ein Bild von der Wirklichkeit, das ihre Empfindungen und ihr Handeln bestimmt.

"Auch das Verhalten sozialer Systeme ist von den Bildern bestimmt, die sich Personen dieses Systems von ihrer Wirklichkeit machen." (König, Volmer, 1994: 29)

Startseite www.hartzerroller.de